Wenn Du ein Pre-Post-Design mit Gruppenfaktor analysieren willst, wirst Du vor folgender Frage stehen:
Ist die Analyse mittels ANCOVA (Kovarianzanalyse) oder mittels Mixed ANOVA (Varianzanalyse mit Messwiederholungs- und Gruppenfaktor) passend?
In dem Fall erhebst Du einen metrischen Parameter zu zwei Zeitpunkten (Pre und Post) und untersuchst diese Werte an mehreren Gruppen untersuchst (2 oder mehr Gruppen).
Du könntest dann eine gemischte ANOVA rechnen, mit folgendem Setting:
- metrischer Parameter zu zwei Messzeitpunkten als Messwiederholungsfaktor (Inner-Subjekt-Faktor) und
- Gruppe als Zwischen-Subjekt-Faktor.
Die Interaktion der beiden Faktoren untersucht dann, ob sich die Gruppen signifikant unterschiedlich über die Zeit verändern.
Alternativ kannst Du mit den gleichen Daten auch eine ANCOVA rechnen mit folgendem Setting:
- Post-Messwert als abhängige Variable,
- Pre-Messwert als Kovariate und
- Gruppe als Zwischen-Subjekt-Faktor.
Hier wird dann untersucht, ob sich die Post-Messwerte zwischen den Gruppen unterscheiden, wenn für den Pre-Messwert kontrolliert wird.
Neben der Überlegung, ob die Voraussetzungen für diese beiden Methoden jeweils erfüllt sind (Voraussetzungen der ANOVA, Voraussetzungen der ANCOVA) stellt sich die Frage, welche der beiden Analysemethoden nun in solch einem Studiendesign die richtige ist. Diese Frage wird sehr kontrovers diskutiert (z.B. von Knapp und Schafer oder Wainer).
Der Vorschlag, beide Methoden durchzuführen ist leider auch nicht zielführend, denn es kann durchaus sein, dass das Ergebnis unterschiedlich ausfällt (also in der ANOVA die Interaktion z.B. signifikant ist, der Gruppeneffekt der ANCOVA aber nicht, oder umgekehrt). In dem Fall stehst Du dann also vor einem noch größeren Dilemma. Deshalb macht es Sinn, sich die passende Analysemethode danach auszuwählen, welche Methode besser zur FRAGESTELLUNG passt. Denn die beiden Methoden unterscuchen jeweils eine etwas andere Fragestellung:
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Die Fragestellung der ANOVA
In der ANOVA wird die Interaktion auf Signifikanz untersucht. Die Interaktion gibt dabei an, ob sich die Gruppen unterschiedlich VERÄNDERN. Hier wird also die Veränderung von Pre zu Post zwischen den Gruppen verglichen.
Verändern sich die Werte von Pre zu Post unterschiedlich zwischen den Gruppen?
Hier ist also die Hauptfragestellung, ob und wie sich die Gruppen unterschiedlich verändern.
Die Fragestellung der ANCOVA
Die ANCOVA dagegen untersucht die Post-Werte auf einen Unterschied zwischen den Gruppen, wobei für die Pre-Werte kontrolliert wird.
Haben die Gruppen unterschiedliche Post-Werte, wenn für die Pre-Werte kontrolliert wird?
Hier ist also die Hauptfragestellung, wie die Werte sich zwischen den Gruppen zum Zeitpunkt Post unterscheiden, wenn für den Ausgangswert kontrolliert wird. Es geht also nicht um Zuwachs oder Veränderung, sondern um die Werte zum zweiten Zeitpunkt selbst.
Kontrolliert wird dabei für den Ausgangswert aus zwei Gründen: erstens, damit die Untersuchung der Post-Werte nur von der Intervention kommt und nicht von der Situation zum Ausgangswert und zweitens, damit die Varianz, die aus den Ausgangswerten kommt, eliminiert wird.
Für die Auswahl der passenden Methode ist also nicht nur das Studiendesign relevant, sondern Du musst auch genau überlegen, was Deine Fragestellung ist, die Du beantworten möchtest.
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Hallo Daniela,
wenn ich für den Prätestwert kontrolliere (ANCOVA) und es zwischen der Patienten- und Kontrollgruppe dann keine Unterschiede mehr gibt zum zweiten Messezeitpunkt, darf ich dann anhand der Mittelwerte der Gruppen darauf schließen, warum es den Unterschied nicht mehr gibt (zb. weil sich die Mw der Patienten verbessert haben?) bzw. den nicht mehr vorhandenen Unterschied auf die gelungene Intervention zurückführen?
Vielen Dank!
LG, Tanja
Hallo Tanja,
wenn Du kontrolliert für den ersten MZP keinen Unterschied zwischen den Gruppen nachweisen kannst, dann heißt das, dass sich die Gruppen nicht unterscheiden (bzw. nicht anders, als sie es zum ersten MZP getan haben). Das heißt dann, dass die Intervention keinen Effekt hat.
LG Daniela
Hallo Daniela,
ich habe eine Frage zum Verhältnis von ANOVA/Varianzanalyse und t-test: Wenn ich z.B. IQ-Werte von 4 Gruppen zu je 2 MZP habe, muss ich dann um die Veränderung in jeder der 4 Gruppen messen zu können 4x den T-test für jede einzelne Gruppe rechnen? Oder gibt es auch die Möglichkeit die Veränderungen zwischen 1. und 2 MZP pro Gruppe mittels einer Varianzanalyse (in SPSS) ausgeben zu lassen? Welche Variante der ANOVA könnte ich hierfür verwenden? Bei den ANOVAs bekomme ich ja nur die Info ob signifikante Unterschiede vorliegen und zwischen welchen Gruppen, aber nicht den p-Wert für den Prä-Post-Vergleich innerhalb der einzelnen Gruppen, oder? Danke!
Grüße, Tina
Hallo Tina,
es kommt darauf an, was genau Deine Fragestellung ist. Wenn Du für jede einzelne Gruppe untersuchen willst, wie sich diese Gruppe über die Zeit verändert, dann sind das 4 Tests (z.B. gepaarte t-Tests) für 4 Hypothesen. Wenn Du aber wissen willst, ob sich die Gruppen unterschiedlich über die Zeit verändern, dann könntest Du für alle Untersuchungen die Veränderungswerte berechnen (Differenz Post minus Prä) und diese mit einer ANOVA zwischen den 4 Gruppen vergleichen. Oder Du rechnest eine gemischte ANOVA und schaust auf den Interaktionsterm zwischen Gruppe und Zeit. Oder, wenn es Dir eher um eine Kontrolle des Prä-Wertes geht, rechnest Du eine ANCOVA.
Es hängt also von der genauen Formulierung Deiner Fragestellung ab.
LG Daniela
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