Die Cross-over-Studie ist ein Forschungsdesign, das vor allem in der medizinischen Forschung, insbesondere in klinischen Studien, Anwendung findet. In diesem Blogbeitrag werden wir uns eingehend mit der Planung und Durchführung einer Cross-over-Studie beschäftigen, um ein besseres Verständnis für dieses Studiendesign zu entwickeln. Das Ziel ist es, dir die Schlüsselaspekte, Besonderheiten sowie Vor- und Nachteile dieser Studienmethode näherzubringen.

Hauptmerkmale einer Cross-over-Studie

Eine Cross-over-Studie ist kein herkömmliches paralleles Gruppendesign, wo verschiedene Gruppen unterschiedliche Behandlungen erhalten. Stattdessen werden in der Cross-over-Studie die Teilnehmenden mit allen Behandlungen versorgt, aber in unterschiedlicher Reihenfolge.

Dazu werden sie zufällig zu so genannten Sequenzen (die Arme der Studie) zugeordnet. Jede Sequenz erhält die Behandlungen in den Perioden in unterschiedlicher Reihenfolge. Zum Beispiel startet der eine Arm mit Behandlung A, gefolgt von B. Der andere Arm erhält erst die Behandlung B und danach Behandlung A. Jeder Teilnehmende erhält also sowohl die experimentelle als auch die Kontrollbehandlung erhält.

Aufbau einer Cross-Over-Studie

Zwischen den Perioden findet die sogenannte Washout-Phase statt. Sie ist wichtig, damit ein möglicher Effekt aus der ersten Phase nicht in die zweite Phase hinein andauert und den Effekt der zweiten Phase verändern kann. Während dieser Periode sollte also der Effekt der vorherigen Behandlung ausklingen, um eine saubere Trennung der Wirkungen der verschiedenen Behandlungen zu ermöglichen.

Das Outcome in solch einer Studie ist meist eine metrische Variable und oft wird der simpelste Fall – ein 2×2-Design, also zwei Behandlungen und zwei Phasen – eingesetzt. Es ist aber auch möglich, mehr Behandlungen und mehr Phasen zu planen und auch nicht-metrische Outcomes sind möglich.

Planung einer Cross-over-Studie

Die Planung einer Cross-over-Studie erfordert sorgfältige Überlegungen, insbesondere hinsichtlich des Designs (wie viele Behandlungen, Arme und wie viele Phasen), der Fallzahl und der Dauer der Washout-Phase. Hier sind einige Schlüsselüberlegungen:

Fallzahlplanung

Im Vergleich zu anderen Studiendesigns können Cross-over-Studien mit einer geringeren Anzahl von Teilnehmenden durchgeführt werden. Dies liegt daran, dass die Variabilität durch die Messungen innerhalb derselben Person reduziert wird. Dennoch ist es wichtig, die benötigte Fallzahl basierend auf dem erwarteten Effekt und der gewünschten statistischen Power zu berechnen, beispielsweise basierend auf dem t-Test für unabhängige Stichproben und Cohens d, wie in Wellek und Blettner (2012) beschrieben.

Achtung: Sollte sich in der Analyse ein Carry-over-Effekt (siehe unten) zeigen, ist nur die Verwendung der ersten Phase möglich. Die Auswertung erfolgt dann wie bei einem Parallelgruppen-Design, was dazu führt, dass die Power und damit auch die vorab geplante Stichprobengröße zu niedrig ausfällt.

Washout-Phase und Eignung der Behandlung

Die Länge der Washout-Phase ist sehr wichtig. Sie muss ausreichend sein, um sicherzustellen, dass der Effekt der vorherigen Behandlung abgeklungen ist. Eine zu kurze Washout-Phase könnte zu einem Carry-over-Effekt führen, bei dem die vorherige Behandlung die Ergebnisse der nachfolgenden beeinflusst.

Die Länge der Washout-Phase sollte anhand inhaltlicher Gesichtspunkte geschehen. Es gibt Krankheiten und Behandlungen, die sich nicht für die Analyse mittels Cross-over-Studien eignen, da die Washout-Phase zu lange wäre. Cross-Over-Studien eignen sich grundsätzlich eher für die Untersuchung der Behandlung chronischer Krankheiten.

Durchführung einer Cross-over-Studie

Die eigentliche Durchführung einer Cross-over-Studie erfordert methodischen Details. Sie besteht aus zwei großen Schritten:

1. Schritt: Ausschluss eines Carry-over-Effekts

Vor der eigentlichen Analyse muss der Carry-over-Effekt ausgeschlossen werden.

Dazu werden die Inner-Subjekt-Summen der Ergebnisse aus beiden Perioden für jede Sequenz einzeln berechnet. Diese Werte werden dann verglichen und mittels Signifikanztest für den Vergleich von unabhängigen Daten auf einen signifikanten Unterschied geprüft. Ist dieser Test nicht signifikant, so liegt kein Carry-over-Effekt vor.

2. Schritt: Untersuchung des Behandlungs-Effekts

Liegt kein Carry-over-Effekt vor, so kann der Behandlungs-Effekt im Cross-over-Design untersucht werden.

Dafür werden nun für jede Sequenz getrennt die Inner-Subjekt-Differenzen der Ergebnisse aus beiden Perioden berechnet. Anschließend werden diese Werte zwischen den Sequenzen mittels eines Signifikanztests für unabhängige Daten verglichen und auf einen signifikanten Unterschied geprüft. Ist dieser Test signifikant, so ist damit der Behandlungs-Effekt als signifikant nachgewiesen.

Vor- und Nachteile der Cross-over-Studie

Vorteile

1. Effizienz: Cross-over-Studien ermöglichen die Nutzung derselben Gruppe von Teilnehmern für verschiedene Behandlungen, was die Anzahl der benötigten Probanden reduziert.

2. Reduzierte Variabilität: Durch Messungen innerhalb derselben Person (jede*r ist ihre/seine eigene Kontrolle) wird die Variabilität reduziert, was zu einer genaueren Schätzung der Behandlungseffekte führt und die Power der Analyse erhöht.

Nachteile

1. Washout-Herausforderungen: Die Festlegung einer angemessenen Washout-Phase kann herausfordernd sein und beeinflusst die Gültigkeit der Studienergebnisse.

2. Nicht für alle Fragestellungen geeignet: Nicht alle Forschungsfragen eignen sich für ein Cross-over-Design, insbesondere wenn es um akute Krankheiten oder schnelle Behandlungseffekte geht.

3. Komplexe Analyse: Bei komplexeren Designs sind fortgeschrittene Methoden für die Datenanalysen (z.B. gemischte Modelle) notwendig.

Schlussfolgerung

Die Cross-over-Studie ist ein mächtiges Instrument in der Forschung, insbesondere in der medizinischen und klinischen Forschung. Durch die sorgfältige Planung und Durchführung können präzise Ergebnisse erzielt werden. Es ist jedoch entscheidend, die Herausforderungen zu kennen und angemessen zu berücksichtigen. Insgesamt bietet die Cross-over-Studie – wenn die Voraussetzungen beachtet werden – eine effiziente Möglichkeit, verschiedene Behandlungen zu vergleichen und Einblicke in ihre Wirksamkeit zu gewinnen.

Literatur:

  • Lim, C. & In, J. (2021). Considerations for crossover design in clinical study. Korean Journal of Anesthesiology, 74(4), 293–299.
  • Mills, E. J., Chan, A. W., Wu, P., Vail, A., Guyatt, G. & Altman, D. G. (2009). Design, analysis, and presentation of crossover trials. Trials, 10(1).
  • Schumacher, M. & Schulgen-Kristiansen, G. (2008). Methodik klinischer Studien: Methodische Grundlagen der Planung, Durchführung und Auswertung. Springer.
  • Senn, S., D’Angelo, G. & Potvin, D. (2004). Carry-over in cross-over trials in bioequivalence: theoretical concerns and empirical evidence. Pharmaceutical Statistics, 3(2), 133–142.
  • Wellek, S. & Blettner, M. (2012). On the proper use of the crossover design in clinical trials. Deutsches Arzteblatt International.